2.1. Blinde Apparaturen
von Sebastian Kirsch
Erschienen in: Das Reale der Perspektive – Der Barock, die Lacan’sche Psychoanalyse und das ‚Untote‘ in der Kultur (07/2013)
Um sich dem Visuellen nähern zu können, ist zunächst eine weitere terminologische Schwierigkeit zu klären, die Lacans – in toto wenig ausgeführte – Rede von der Spaltung von Auge und Blick betrifft. Den titelgebenden Gegenstand der Seminarsitzungen, den »Blick«, diskutiert Lacan vorwiegend als Ereignis, das dem Modus des Visuellen entspringt, als blendenden Spiegeleffekt des Lichts, oder auch als anarmophotisch verzerrten Fleck, der einen Grenzfall der beiden Modi markiert. Diese Tendenz führt in der Lacan-Rezeption bisweilen dazu, dass das Geometrale auf das Feld des Bewusstseins reduziert und das visuelle Dreieck selbst mit dem Blick identifiziert oder der Blick in mindestens missverständlichen Formulierungen dem geometralen Schema gegenübergestellt wird. Tatsächlich muss hier aber sehr genau unterschieden werden. Denn das zweite Dreieck benennt zunächst lediglich die drei dem Geometralpunkt, dem image und dem Objekt entgegengesetzten Positionen »Lichtpunkt«, »Schirm« und »Tableau«. Vom Blick ist im isolierten Schema also noch gar keine Rede. Er taucht erst in der Amalgamierung der beiden Schemata auf, im dritten Diagramm also, wo das Licht (der Lichtpunkt des visuellen Dreicks) auf das Objekt aus dem geometralen Dreieck trifft. Und erst diese Zusammenfügung kann als gültige Beschreibung des »tatsächlichen Funktionieren(s) des Registers des Sehens« (BOa 113) gelesen werden.
Lacans »Spaltung von Auge...