Magazin
König des Zwielichts
Zum Gedenken an den großen Schauspieler Rolf Hoppe
von Gunnar Decker
Erschienen in: Theater der Zeit: Edgar Selge: Der helle Wahnsinn (01/2019)
Assoziationen: Staatsschauspiel Dresden
In seinem Spiel war ein höchst gefährliches Flüstern, ein Lächeln, das vernichten konnte. Rolf Hoppe: ein engelhaft milder Dämon. Niemand kam so unheilschwanger daher wie er. Immer gab er den Ton vor, den zu erlauschen er alle anderen zwang: welch halblaute Verheißung drohenden Unheils!
Das Flüstern hatte einen simplen Grund: Eine Stimmbandlähmung als Jugendlicher ließ ihn zeitweise ganz verstummen, irgendwann doch wieder sprechen, jedoch leise und ohne Tiefen. Im Schatten dieser Heiserkeit erwachte dann eine ungeheure Intensität, die viele Schreie barg. Verwandle deine Defizite in Vorzüge! Rolf Hoppe gelang dies auf unverwechselbare Weise.
Geboren wurde Rolf Hoppe 1930 in Ellrich im Harz als Bäckerssohn. Als sein Vater in den Krieg musste, nahm er seinen Platz ein und wurde – nach 1945, als er die Stimme verlor – Kutscher und Tierpfleger im Zirkus Aeros. War das plötzliche Verstummen auch eine Folge jenes Einsatzes nach Kriegsende, zu dem der 15-Jährige von der US-Armee gezwungen wurde: Leichen bergen im KZ Mittelbau-Dora? Hoppe über diese extreme Erfahrung: „Ich gehöre zu der Generation, die den Geruch verbrannten Fleisches in der Nase hat, ich werde das nicht los.“
Als er seine Stimme wiederfand, begann er in Ellrich Laientheater zu spielen und zu inszenieren, zuerst Friedrich Wolfs...