Er ist der präziseste Chronist einer Eiszeit namens Gegenwart. Falk Richters Theatertexte machen fast durchweg die Weltraumkälte spürbar, die sich im westlichen Geldall ausgebreitet hat. Sie zeigen Menschen, die ökonomisch, politisch und emotional aus der Sinnspur einer zielführenden Existenzgewissheit katapultiert wurden. Und die, wo es überhaupt zur Berührung mit anderen kommt, mehr Abstoßungs- als Anziehungskräfte entwickeln. Egal, ob Richter die hohle Phraseologie der Unternehmensberater als beklemmend melodische Partitur tönen lässt, ob er von zynischer Kriegsbilderproduktion, verirrten Weihnachtsflaneuren oder verlorenem Vertrauen erzählt – das durchklingende Grundthema seiner Arbeit ist die Einsamkeit. Damit verbunden: die hoffnungslose Sehnsucht. Nur eben nicht als individuelle Suchbewegung, sondern als zwangsläufige Systemfolge.
Der permanente Krisenkosmos des Berliner Autor-Regisseurs Richter ist jetzt in geballter Form in einem lesenswerten Band zu erfahren, der den zwischen Prätention und Schlichtheit oszillierenden Titel „Theater“ trägt. Im Untertitel: „Texte von und über Falk Richter 2000 – 2012“. Vom Hörstück „Verletzte Jugend“ über das Opernlibretto zu „Unter Eis“ und die Tschechow-Bearbeitung „Der Kirschgarten“ führt das Kompendium zu den jüngsten Richter-Werken wie „Protect me“ und „Play Loud“. Insgesamt zwölf Stücke hat Herausgeber Friedemann Kreuder versammelt, die in der Zusammenstellung eine Art Anthropologie der Entfremdung ergeben. Eine Kunde des „global vernetzten Menschen, der sich klug selbst...