Neue Körper auf die Bühne – Das Theater der historischen Avantgarden
von Markus Joss
Erschienen in: Lektionen 7: Theater der Dinge – Puppen-, Figuren- und Objekttheater (10/2016)
„Sollen nun, könnte man sagen, die Tänzer nicht vollends Marionetten sein, an Drähten gezogen oder, besser, von einem vollendeten mechanischen Präzisionswerk aus selbsttätig bewegt werden, fast ohne menschliches Dazutun, es sei denn am unsichtbaren Schaltbrett? Ja! – es ist nur eine Frage von Zeit und Geld, das Experiment in dieser Weise zu vervollständigen.“1
Oskar Schlemmer, 1926
„Der Schauspieler muss das Theater räumen, und seinen Platz wird die unbelebte Figur einnehmen – wir nennen sie die Über-Marionette, bis sie sich selbst einen besseren Namen erworben hat.“2
Edward Gordon Craig, 1907
Was ist denn da nur los? Warum sehen sich Theatermacher aufgerufen, den Menschen, der sich auf der Bühne eingerichtet hat, von ihr zu verbannen und ihn durch Maschinen und Marionetten zu ersetzen? Er hat sich doch redlich bemüht, hat versucht, sich in Nachahmung der Natur ganz der Abbildung des Menschen zu widmen. Und jetzt soll er abtreten?
Von Craig wird diese Forderung in Der Schauspieler und die Über-Marionette zum ersten Mal 1907 in aller Konsequenz formuliert. Die Skepsis, wieweit der menschliche K.rper gleichzeitig Gegenstand der Verhandlung und Mittel seiner Darstellung sein kann, setzte aber wesentlich fruher ein. Als Begrundung reicht nicht der Verweis auf die Marionette als ein Gegenmodell...