13.3 Führen und Folgen
Erschienen in: Improvisationstheater – Die Grundlagen (10/2018)
Impro-Spieler, die in Stress geraten, reagieren sie prinzipiell mit zwei extremen Verhaltensweisen: Entweder sie dominieren die Szene oder sie ziehen sich zurück. Wenn man die eigenen Reflexe kennt, kann man dem entgegensteuern und wieder zum Miteinander finden. Das Zuhören und Hinzufügen erscheint dann wie ein gemeinsames Zug-um-Zug-Spielen. Mal übernimmt man die Führung, und mal gibt man die Führung ab und folgt. Beide Verhaltensweisen sollten einem Impro-Spieler in Fleisch und Blut übergehen.
Allerdings wirkt eine Szene, in der beide Spieler abwechselnd jeweils nur einen Satz sprechen, auf Dauer unnatürlich, statisch und leblos. Eine dynamische Szene braucht Ungleichgewichte, so wie ein lebendiges Gemälde Asymmetrien braucht. Das heißt, wir müssen jederzeit bereit sein, mehr zu geben oder uns selbst zurückzunehmen, und zwar in Abhängigkeit davon, was die Szene oder unser Mitspieler benötigt.
In der Praxis kann das bedeuten, dass man sich in einer Langform soweit zurückhält, dass man die Bühne für zwanzig Minuten nicht betritt, wenn die Story läuft, dann aber zum richtigen Zeitpunkt die richtige Figur beisteuert, die vielleicht sogar einen längeren Monolog hält. Um dies zu leisten, bedarf es großer Aufmerksamkeit im Off und in der Szene.80
Zug um Zug zu spielen ist daher die erste Stufe, um das Prinzip...