Stimmklang und Gestus
von Viola Schmidt
Erschienen in: Mit den Ohren sehen – Die Methode des gestischen Sprechens an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin (04/2019)
Stimmklang reduziert Stimmdruck. Das Wechselspiel der sprecherischen Mittel kann sich auf diese Weise günstig auf das gestische Sprechen auswirken. Doch Vorsicht! Zu viel Klang kann den sozialen Gestus verdecken. Dass es mir in der Ausbildung nach der Methode des gestischen Sprechens nicht um die schöne, klangvolle Stimme geht, habe ich im Kapitel Das Phänomen Stimme bereits beschrieben.
Um Absichten einen eindeutigen körperlichen Ausdruck zu verleihen, sie ablesbar zu machen in Mimik, Gestik, Körperhaltung, Atem, Stimme und Sprache, können wir die Ausdrucksmöglichkeiten unseres Körpers, die sich aus dem Wechsel von Spannung und Lösung ergeben, so lange erforschen, bis ein erlebbares Bild vom eigenen Körperverhalten entsteht. Die Grundlage für diese neue Beziehung zum Selbstbild stellt die Beziehung zu anderen dar. In der Übungssituation können das die Spielpartner und/oder die Zuschauer sein. Wir finden heraus, wie wir über die Beziehung zu anderen an Stabilität und Flexibilität gewinnen, wie wir uns verhalten, wenn wir etwas fordern oder geben, wie wir einladen, wie wir ausladen und wie veränderte situative Merkmale feine Nuancen im Ausdruck herbeiführen. Atem, Stimme und Sprache werden als Verlängerungen des körperlichen Ausdrucks im Raum vermittelt. Für das, was ich körperlich nicht deutlicher ausdrücken kann, benutze ich nun das Wort, in dessen Klang...