3.2. Der Autor als Träumer
von Sebastian Kirsch
Erschienen in: Das Reale der Perspektive – Der Barock, die Lacan’sche Psychoanalyse und das ‚Untote‘ in der Kultur (07/2013)
Da die Architektur der Traumgebilde einem barocken Konglomerat von Anamorphosen korrespondiert, ist es logisch, dass sich auch die Schwierigkeiten der Rezeption bzw. Lektüre ähneln. In beiden Fällen sieht der Leser oder Betrachter sich gezwungen, in einem tendenziell unabschließbaren Nachvollzug Bruchstück für Bruchstück abzuschreiten und einzeln zu entziffern, wohingegen die frontale Draufschau nichts verrät. Tatsächlich leitet sich Freuds Versuch, eine Methodik der Traumdechiffrierung zu entwickeln, von eben dieser Problematik her, indem sie davon ausgeht, »dass man nicht den Traum als Ganzes, sondern nur die einzelnen Teilstücke seines Inhalts zum Objekt der Aufmerksamkeit machen darf. (…) Ich muss ihm (dem Patienten) den Traum zerstückt vorlegen, dann liefert er mir zu jedem Stück eine Reihe von Einfällen, die man als die ›Hintergedanken‹ dieser Traumpartie bezeichnen kann.« (Td 124)
Diese methodische Erwägung ist nun in mehrfacher Hinsicht aufschlussreich. Zunächst antwortet sie offenbar dem Umstand, dass die Traumsprache ihr zerstückeltes Material nach dem Willen einer frei flottierenden, nichtdiskursiv arbeitenden Imagination verkettet, bündelt oder freisetzt: Die Lektüre eines Traums ist laut Freud nur mittels freien Assoziierens zu bewerkstelligen, das sich an jedes einzelne Glied eines »Traumtextes« knüpfen muss. Es geht dabei gerade nicht um die diskursive Interpretation der gesonderten Bruchstücke, sondern um eine an die »ecriture...