Hybridmoderne
von Wolfgang Engler
Erschienen in: Wendungen: Die andere Wahrheit (09/2021)
Zur selben Zeit, als der administrative Sozialismus in Ost-Mitteleuropa endgültig erstarrte, in den 1980er Jahren, öffnete sich das Reich der Mitte für Reformen. Kaum waren sie in Gang gekommen, drang der Nachwuchs, drangen Studenten, junge Leute, öffentlich und in großer Zahl auf Veränderungen, die über die Wirtschaft hinausgingen. Die Führung zögerte eine Weile, die Proteste gewaltsam zu unterdrücken, entschied sich dann aber dafür und ließ Panzer rollen. Das war das Erwartbare, siehe Prag 1968. Was nach der Niederschlagung der Revolte im Juni 1989 geschah, durchkreuzte die Erwartungen. Der Reformeifer schlief nicht ein, nahm jetzt erst richtig Fahrt auf und veränderte binnen weniger Jahre Land, Menschen und Lebensweisen so tiefgreifend wie kaum je zuvor in der chinesischen Geschichte.
Repression und Innovation gingen dabei Hand in Hand. Dass die Innovation nicht auf der Strecke blieb, bis heute anhält, war zum einen der schieren Größe des Landes geschuldet: Es konnte sich zum Westen hin öffnen, ohne befürchten zu müssen, von diesem im Handstreich überrollt, übernommen zu werden. Zum anderen lenkte die Kommunistische Partei den Kapitaltransfer von Anbeginn in Bahnen, die genau das Umgekehrte bewirkten, dafür sorgten, dass die potenziellen Übernehmer übernommen, benutzt, teilweise regelrecht ausgeschlachtet wurden. Das Stichwort lautet „Konkubinenwirtschaft“:
„Die ‚Konkubinenwirtschaft‘ besticht...