Die EASTAP, European Association for The Study of Theatre And Performance, deren Präsident Sie nun sind, geht es unter anderem darum, die Theaterwissenschaft in Europa sichtbarer zu machen. Wo liegen denn da aus Ihrer Sicht die Defizite?
PMB: Der Verband wurde 2017 von Theaterwissenschaftler:innen gegründet, die unzufrieden waren mit der traditionellen Arbeitsteilung: Die Wissenschaft denkt, die Künstler:innen machen. Den Anstoß gaben Kolleg:innen, die direkt mit Künstler:innen zusammenarbeiten. Die niederländische Theaterwissenschaftlerin Maaike Bleeker beschreibt Dramaturgie in diesem Sinn als „thinking-doing“, in einem Wort. Künstler:innen wie Milo Rau, Gianina Carbunariu und Tiago Rodrigues haben seit der Gründung EASTAP mit vorangebracht.
Werden in diesem Kontext auch die wissenschaftlichen Diskurse hinterfragt?
PMB: Die Diskurse werden von den großen Ländern gesetzt – wenn man zum Beispiel an Erika Fischer-Lichtes „Performativität“ denkt oder an Hans-Thies Lehmanns „Postdramatisches Theater“. Es gibt aber auch viele weniger prominente Zugänge, die kaum in andere Sprachen übersetzt sind, aber auf wichtige Weise andere Kontexte und Situationen reflektieren, gerade dort, wo Theater nicht allein in urbanen Metropolen entsteht. Da gilt es neue Perspektiven anzustoßen.
Sie selbst haben Ihre wissenschaftliche Arbeit als Professor für Dramaturgie ja zunächst in England, jetzt in Aarhus fortgesetzt. Was war der Grund?
PMB: Mich hat in Aarhus die...