„Probierstein des Akteurs“
Improvisieren zwischen Probe und Aufführung
von Annemarie Matzke
Erschienen in: Lektionen 4: Schauspielen Ausbildung (12/2010)
Assoziationen: Schauspiel
Improvisieren zwischen Probe und Aufführung
Wohl kaum ein künstlerisches Verfahren wird in den Schauspieltheorien des 20. Jahrhunderts so gefeiert wie das Improvisieren. Immer wieder wird die besondere Produktivität der Improvisation im Kontext der Probenarbeit hervorgehoben. Sie wird definiert als der „originäre und eigentlich elementare schöpferische Produktionsakt des Schauspielers“1, als „spontane Erfindung von Darstellung“2 oder als eine Technik für den Schauspieler, „etwas Unvorhergesehenes, nicht im Voraus Vorbereitetes [zu spielen].“3Improvisieren wird als besondere theatrale Praxis beschrieben, die über die einfache Aufführung des dramatischen Textes hinausgeht.
Das Improvisieren stellt dabei aber die Probenarbeit vor ein spezifisches Problem. Geschaffen wird eine Situation, in der die Schauspieler etwas nicht Geplantes und Unvorbereitetes zeigen sollen. Etwas, das zum ersten Mal gezeigt wird, das im Moment erfunden wird. Diese Idee des Neuen, mit der das Improvisieren verbunden ist, widerspricht einem anderen Konzept der Probenarbeit als Einstudierung szenischer Vorgänge, um diese wiederholbar zu machen.
Daraus ergeben sich Fragen für die schauspielerische Arbeit: Welches sind die Voraussetzungen, Bedingungen, um auf der Bühne oder im Probenraum zu improvisieren? Welche Formen künstlerischen Produzierens lassen sich hier differenzieren? Wie verhält sich die Improvisation als „erstes Mal“ zum Konzept einer Probenarbeit als Form von Wiederholungen? Wie wird aus...