Solisten
von Rainer Simon
Erschienen in: Recherchen 101: Labor oder Fließband? – Produktionsbedingungen freier Musiktheaterprojekte an Opernhäusern (02/2013)
„Bei Aufführungen des Musiktheaters steht der Solosänger als Träger des dramatischen Geschehens im Mittelpunkt.“36 Diese Eingangsbemerkung in der Berufsbeschreibung des Solosängers vom Deutschen Bühnenverein gilt mit Sicherheit für traditionelle Opernaufführungen: Solosänger bilden neben dem Text einen der zentralen Produktionsbestandteile traditioneller Opernaufführungen. Voraussetzungen für den Erfolg von Sängern auf der Opernbühne sind vor allem gesanglicher Natur – so zum Beispiel eine „hohe Musikalität“, „außergewöhnliche stimmliche Qualitäten“ sowie eine professionelle Gesangsausbildung.37 Der Bühnenverein betont richtigerweise auch die schauspielerischen Anforderungen,38 die heute insbesondere von Regisseuren des „Regietheaters in der Oper“ an Sänger gestellt werden. Dass diese allerdings in der Produktionspraxis häufig eher als sekundär eingestuft werden, zeigt sich bereits in den Sänger-Castings, die weniger – wie zum Beispiel in Musicalbetrieben üblich – als Auditions, in denen die Bewerber singen, sprechen und tanzen müssen,39 als vielmehr als reines Vorsingen durchgeführt werden.40Ausgewählt, engagiert und besetzt werden die Sänger vornehmlich nach dem Fach, dem ihre Stimme zugeordnet wird und in dem sie ausgebildet wurde (Sopran, Mezzosopran, Alt, Tenor, Bariton, Bass).41
In der Regel besitzen die deutschen Opernbetriebe feste Ensembles. Allerdings unterscheidet sich die Besetzungspraxis nach der Größe und damit der Finanzkraft der Häuser. Während große Opernbetriebe immer häufiger teure...