Magazin
Zeit der Tintenfische
Philippe Parreno entwirft in seiner Ausstellung im Berliner Gropius Bau eine posthumane Zukunft
Erschienen in: Theater der Zeit: Franz Rogowski: Der Schmerz des Boxers (09/2018)
Nicht, dass schon geklärt wäre, was wirklich realistisch ist oder was unsere Vorstellung für realistisch hält. Seit Erfindung der virtuellen Welt wird es nun noch komplizierter, verschwimmen die längst vereinbarten Grenzen von der Vorstellung dessen, was wahr und was eingebildet ist. Der französische Künstler Philippe Parreno mag deshalb Tintenfische, weil diese es nicht nur fertigbringen, die Umwelt auf ihrer Haut abzubilden, sondern möglicherweise auch später als Imagination zu reproduzieren. In seiner Kunst taucht dieses intelligente Lebewesen immer wieder auf. Auch in der Ausstellung im Berliner Gropius Bau war der Tintenfisch, wie viele andere seiner Arbeiten, erneut zu entdecken.
Philippe Parreno, 1964 in Oran (Algerien) geboren, gehört neben Ólafur Elíasson und Pierre Huyghe oder Dominique Gonzalez-Foerster zu den innovativsten Künstlern seiner Generation. Seine Ausstellungen werden weltweit gezeigt und erzeugen einen enormen Publikumssog, weil er nicht einzelne Werke, sondern das Ausstellungserlebnis an sich ins Zentrum seiner Arbeit stellt. Für Parreno sind Ausstellungen dramaturgische Räume, die einem erzählerischen Ablauf von verschiedenen Ereignissen folgen. International gefeiert wurde er 2013 mit seiner Ausstellung „Anywhere, Anywhere Out of the World“ im Palais de Tokyo in Paris, wo er allein ein riesiges Areal von 22 000 Quadratmetern Ausstellungsfläche für seine traumwandlerischen Rauminszenierungen nutzen konnte. Auch für die...