Einleitung
von Mirko Winkel, Regina Guhl und Dorothea Hilliger
Erschienen in: Recherchen 166: Dazwischengehen! – Neue Entwürfe für Kunst, Pädagogik und Politik (05/2023)
In einer demokratischen Gesellschaft ist die Kunst in all ihren Spielarten und Ausformungen ein zentraler Ort für Dialog und Kritik, für Begegnung, Erfindung und Verwandlung, für Erkenntnis und das Entwickeln von Fragen, für die Erforschung und Neuentdeckung von scheinbar Bekanntem. All dies findet täglich statt in der Arbeit von Künstler*innen, in den unterschiedlichen Medien der Kunst und in vielen der ihr gewidmeten Institutionen.
Angesichts aktueller Krisen ist die Diskussion um die Relevanz der Kunst und der Praxis von Kunstschaffenden neu entfacht. Die vorliegende Publikation hat es sich zur Aufgabe gemacht, deren besonderen Stellenwert anhand vielfältiger Beispiele und Argumentationslinien herauszuarbeiten. Denn Kunst stellt neben anderen Feldern wie Politik oder Ökonomie einen ganz eigenen Praxisraum der sozialen Welt dar, der das Potential hat, unserem Sein und Handeln Sinn und Bedeutung zu verleihen und Wege des sozialen Miteinanders zu erkunden.1 Über das Faktische hinaus schafft Kunst eine sinnhafte Organisation von Wirklichkeit, in deren Zusammenhang soziale Gebilde und demokratisch orientiertes Verhalten erst möglich werden. Das Praktizieren von Kunst in einer funktionierenden Demokratie geht über die Reflexion gesellschaftlicher Prozesse weit hinaus, was ihr gerade heute, da die Demokratie selbst beständigen Herausforderungen ausgesetzt ist, eine besondere Relevanz verleiht.
Tragischerweise und in pervertierter Form lässt sich...