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Parallelen, die sich tänzerisch berühren
Die 29. euro-scene in Leipzig zirkelt ästhetische Möglichkeiten ab
Erschienen in: Theater der Zeit: Subversive Affirmation – Performances von Julian Hetzel (01/2020)
Unter dem verbindenden Thema „Parallelwelten“ war im November 2019 eine äußerst vielfältige Auswahl an Produktionen, neun Gastspiele aus acht Ländern, zur euro-scene eingeladen. Auch in seiner 29. Ausgabe lotete das Festival zeitgenössischen europäischen Theaters und Tanzes in Leipzig zuverlässig die Grenzen und Möglichkeiten ästhetischer Darstellbarkeit aus.
Das Thema des Festivals fand sich dabei auf unterschiedliche Weise in den Produktionen wieder. Ganz offen zutage lag es beispielsweise in „VR_I“ der Compagnie Gilles Jobin & Artanim aus Genf. Mittels Virtual-Reality-Headsets wurden je bis zu fünf Zuschauer gleichzeitig Teil einer Performance im virtuellen Raum. Anders bei dem das Festival eröffnenden Stück „Am Königsweg“ von Elfriede Jelinek, einer Tragigroteske über aktuelle Politik. Regisseur und Puppenbauer Nikolaus Habjan, beinahe Stammgast der euro-scene, versetzte mit der Produktion des Landestheaters Niederösterreich St. Pölten in eine absurde Welt – kokreiert von Sophokles, Jim Henson, Monty Python und dem KKK. Dass diese Groteske, nicht zuletzt wegen des von Blindheit geschlagenen Sehertums Jelineks und der zahlreichen Referenzen an das antike Drama, auch eine Reflexion ästhetischer Kraft in politischen Konflikten ist, geht mit Habjans inszenatorischem Fokus aufs Bizarre und Satirische jedoch unter. Auch deshalb wirken die politischen Invektiven der Autorin sehr verkürzt.
Eine ganz andere Parallelwelt entfaltete sich in der Produktion...