10.4 Kompromisse
Erschienen in: Improvisationstheater – Die Grundlagen (10/2018)
Zu künstlerischen Kompromissen gibt es für die Bühne eine einfache Faustregel: Macht keine! Mit vollem Einsatz zu spielen bedeutet nämlich auch, den Mut zu haben, die Konsequenz der Szene oder einer Figur auszuspielen und herauszufinden, wohin uns das Ganze führt. Wenn wir ein Spiel oder die Form einer Szene gefunden haben, die durchaus banal sein kann (zum Beispiel einfach, dass eine der Figuren nur schweigt), dann lasst uns dies bis in die letzte Konsequenz treiben.
Das gilt für die „hohe Kunst“ genauso wie für einfache Comedy. Ein Spiel wird erst interessant, wenn es voll ausgereizt wird. Wenn wir zum Beispiel ein Impro-Spiel aufführen, das seine Komik aus wechselnden Emotionen zieht (etwa „Gefühlsstuhl“ oder „Emotions-Felder“72), dann ist das Spiel nur halb gespielt, wenn wir die Emotionen nur andeuten oder sie vermischen. Hier gilt es, alles, was man hat, in die Waagschale zu werfen. Bei „gefundenen“ Spielen, die sich eher auf den Inhalt beziehen, ist es das Gleiche:
Die Kompromisslosigkeit betrifft auch den Inhalt selbst. Wenn ihr euch zum Beispiel einem politischen Thema nähert, weicht nicht davor zurück, es zu Ende zu denken, nur weil ihr befürchtet, jemanden damit vor den Kopf zu stoßen oder auf gedankliche Konsequenzen zu stoßen,...