Kommentar
Der Aufstand der Hundertprozentigen
Über den Fall Sebastian Edathy
Erschienen in: Theater der Zeit: Auftreten und leuchten – Gisela Höhne und das Theater RambaZamba (04/2014)
Assoziationen: Debatte
Es gibt ein Witzbild, vielleicht von F. K. Waechter, da sitzen im Hintergrund auf einer Stange fünf Hühner. Im Vordergrund gockelt ein Hahn vorbei. Die Hühner skandieren: Hühnerficker! Hühnerficker! Klar: Die Hühner ernten den uneingeschränkten Beifall der Bildbetrachter.
Ähnlich hockt die SPD-Führung gerade auf der Stange der öffentlichen Empörung über Edathy und buhlt um Beifall, indem sie rigoros Position bezieht – die der eingeschworenen breiten Öffentlichkeit. Dafür haben sie ein Parteiausschlussverfahren gegen Edathy eingeleitet. Es geht ihnen vor allem darum, nicht in einen Sog zu geraten, in dem Edathy mit SPD gleichgesetzt werden könnte. Sie fürchten, die Kinderfickerpartei genannt zu werden. Sie gehen nicht um mit dem Thema Pädophilie, sie gehen nur um mit ihrer Angst vor Parteischädigung. Dafür gehen sie dem Thema aus dem Weg und distanzieren sich gnadenlos von einem ihrer besten (und womöglich glaubwürdigsten) Abgeordneten. Das Wahlvolk und die Presse brauchen was Handfestes. Was für eine Scheiß-Parteiführung!
Aber sie sind nicht allein. Ohne vergleichbarer SPD-Not ausgesetzt zu sein, hat sich auch der Kommunist Gysi einen widerlichen Populismus zugelegt und distanziert sich vehement von dieser sexuellen Veranlagung. Es gibt offensichtlich im Moment keinen einigermaßen linken Politiker, der sich traut, das Thema zu diskutieren. Das Dilemma, das in graugrüner...