Editorial
60 Jahre TdZ
Erschienen in: Theater der Zeit: 60 Jahre Theater der Zeit – Theater im Glück (05/2006)
Assoziationen: Dossier: TdZ-Geschichte
Meist wird das Impressum einer Zeitschrift nicht sehr sorgfältig gelesen. Sonst hätte die Ankündigung, TdZ begehe im Mai seinen 60. Geburtstag, in unserem Umfeld weniger Überraschung ausgelöst - denn im Impressum wird bereits seit Januar dieses Jahres getreulich der 61. Jahrgang verzeichnet. So aber ist das Erstaunen oftmals groß: „Dann gibt es TdZ ja schon seit 1946!" Damit ist, was manchen wundert, TdZ älter als die Bundesrepublik und die DDR - de factoist es die älteste deutschsprachige Theaterzeitschrift. Zum 60. Jahrestag von TdZ konnte und sollte die historische Dimension nicht ausgeblendet werden. Daher haben wir Martin Linzer, den „Altgesellen und Altmeister" (Friedrich Dieckmann), der seit 52 Jahren die Geschicke der Zeitschrift begleitet, die heikle Aufgabe anvertraut, aus jeder bislang erschienenen TdZ-Ausgabe einen Artikel auszuwählen. Der daraus hervorgegangene „director's cut" wird den Abonnenten mit diesem Heft auf der beigefügten Daten-CD zum Geschenk gemacht. Er ermöglicht eine abenteuerliche Lesereise in 60 Jahre deutsche, ostdeutsche, deutsch-deutsche, aber auch europäische Theatergeschichte, wie es sie in dieser Form noch nicht gegeben haben dürfte. Ein umfangreicher erläuternder Essay Linzers ist unverzichtbarer Bestandteil der CD. Ergänzend hat Friedrich Dieckmann im Heft einen persönlichen Blick auf 60 Jahre TdZ geworfen: Er tut dies aus der Perspektive des langjährigen Mitarbeiters, Kritikers und Essayisten, der nicht zuletzt die Rolle des Musiktheaters in der Geschichte des Blattes betont. Dem Nicht-Abonnenten zum Trost: Die CD kann bei Theater der Zeit auch einzeln erworben werden.
Der Geschichte nachzuspüren ist das eine, etwas anderes ist es, auf das zeitlose, zeitenthobene, überzeitliche Theaterglück zu zielen. Genau das aber versucht TdZ mit dieser Jubiläumsausgabe. Wir haben Theaterleute aus den unterschiedlichsten Bereichen - vom Intendanten bis zur Schauspielerin, von der Autorin bis zum Dramaturgen - gebeten, einen Text zum „Theater im Glück" zu verfassen, wobei dies alles enthalten könne, was die/der Jeweilige „an künstlerischen, gesellschaftlichen, persönlichen, ideellen Möglichkeiten mit dem Theater in Verbindung bringt". Der Offenheit der Anfrage entsprechend, fallen die eingegangen Antworten äußerst unterschiedlich aus: Manifeste sind darunter, Dramolette, allgemeine Reflexionen und persönlich gehaltene Erlebnisberichte. In vielen der Texte - das zumindest fällt auf - tritt eine grundlegende Ambivalenz zutage: Das Unglück scheint die conditio sine qua non des Theatermachens zu sein, welches dann im Unglück (oder doch von ihm ausgehend) sein Theaterglück sucht. In undogmatischer, doch durchaus nicht zufälliger Anordnung ergeben die vielfältigen Glücks-Beiträge dieses Heftes ein kleines Lesebuch im Zeitschriften-Format. Künstlergespräche mit Barbara Frey, Elisabeth Trissenaar und Hans Neuenfels sowie Jürgen Gosch runden diese Ausgabe ab.
Allen Autoren, die sich auf die Glückssuche anlässlich unseres 60. Geburtstages eingelassen haben, sei herzlich gedankt. Insbesondere zu danken aber ist Martin Linzer für seine unermüdliche Artikelsuche, die vielleicht nicht immer das reine Glück, vor allem aber ein gewaltiges Stück Arbeit bedeutete.
Eine glückliche Lektüre wünscht
die Redaktion