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Präsenz statt Präsentation
Jan-Peter E.R. Sonntags psychoakustisches Raumtheater
von Detlev Schneider
Erschienen in: Theater der Zeit: Hamburgische Dramaturgien – Amelie Deuflhard und Karin Beier (04/2016)
Assoziationen: Akteure
In seiner Abhandlung über die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik weist der 27-jährige Friedrich Nietzsche eindrücklich auf die genetische Verbundenheit der Künste, die wiederhergestellt werden soll, und er bindet sie dabei entschieden zurück an das Körperlich-Leibhafte.
Es sollte eine Eloge auf Wagner sein, von dem hundert Jahre später Friedrich Kittler sagen wird, er habe das Atmen komponiert und die Nervenenden seiner Hörer direkt an die musikalische Impulsgebung angeschlossen. Doch weist dieser Text weit über seinen biografischen Anlass hinaus und wurde zur Inkunabel nachfolgender Künstlerästhetik, ähnlich wie Kleists Marionettentheateraufsatz. Oft wurde er zwar nur gelesen im Bedeutungsgefüge von Theater und Musik. Erhellend ist er aber auch, wenn wir die bildenden Künste verfolgen, die nicht erst seit der Nachkriegszeit, dann aber vernehmlich, zum dramatischen Ausdruck im Raum und zum Handeln in Echtzeit drängen. Ihre Wegwendung von der Ab- und Nachbildung, ihr Drang, durch Abstrahieren umso größere Konkretheit zu gewinnen, führte sie folgerichtig dazu,-körperliche Aktionsräume zu suchen und zugleich deren Kunsthaftigkeit zu markieren: Performance Art, Happening, Fluxus – heute werden sie in großen Retrospektiven gefeiert. Und auch die Avantgardisten in der Musik begannen, ihre Kompositionen nicht mehr in Sender-Empfänger-Direktionalität zu denken, sondern als mobile Raumkunst und den Klang darin als...