Kunstformate der Kulturrecherche
von Dirk Baecker
Erschienen in: Recherchen 99: Wozu Theater? (01/2013)
Kunst setzt auf das Erleben
Kunst recherchiert. Sie stellt Fragen, sie experimentiert, sie variiert mit Methode und Zufall, sie theoretisiert und spekuliert, sie wirft Probleme auf. Und sie tut all dies immer schon, das wäre die These des vorliegenden Textes, und somit nicht erst, seit man neuerdings und vor allem im freien Theater von einer recherchierenden Kunst spricht. Eine Kunst, die ihre Motive, ihr Material, ihre Dramaturgie, ihre Präsentation vor dem Publikum und mit alldem nicht zuletzt auch ihr Selbstverständnis nicht immer schon erforscht, während sie an ihren Werken arbeitet, kann man sich weder für die Höhlenmalerei noch für die alten Griechen und Römer, weder für den mittelalterlichen Dombaumeister noch für die Multitalente der Renaissance, weder für den akademischen Maler noch für den modernen Choreografen vorstellen.
Im Gegenteil, dass in der Kunst nicht nur am Schönen und Erhabenen, am Hässlichen und Banalen, am Unauffälligen und Selbstverständlichen gearbeitet wird, sondern dass über all dies ein Wissen erworben, dargestellt und zur Rede gestellt wird, erscheint auf den zweiten Blick so selbstverständlich, dass man sich fragt, warum diese Form des Erkenntnisgewinns traditionell nur der Wissenschaft, aber nicht der Kunst zugeschrieben wird. Man wird sagen, dass nur die Wissenschaft mit der Unterscheidung von wahr...