5.1. Die Falte, der Phallus, der Vater. Zum Problem der Genealogie
von Sebastian Kirsch
Erschienen in: Das Reale der Perspektive – Der Barock, die Lacan’sche Psychoanalyse und das ‚Untote‘ in der Kultur (07/2013)
Nach diesem kurzen Ausflug in die Welt der Ökonomie soll es nun ausführlich um jenen Aspekt von »Maß für Maß« (und überhaupt der Umfaltung um 1600) gehen, auf den bislang nur kurz angespielt wurde: die Frage der Genealogie in ihrem Konnex mit der neuzeitlichen Perspektive. Tatsächlich ist Angelos Mutation nicht nur der dramaturgische Angelpunkt des gesamten Stückes, sondern bündelt in sich auch in erstaunlicher Dichte Mechanismen, die von Lacan theoretisch entwickelt wurden. Um diese Problematik erfassen zu können, ist es nötig, noch einmal im Detail auf den Lacan des Vaters, des Phallus und der symbolischen Kastration zu sprechen zu kommen, speziell auf den Lacan der Seminare III bis VI.51 Dabei gilt es freilich im Kopf zu behalten, dass die Figuren, die in diesen Seminaren entworfen werden, sich vom geometralen Pol herschreiben – worin zugleich ihre Beschränkung liegt.
Weil die frühe Vatertheorie sich auf das Geometrale bezieht, lässt sich auf den Aspekten aufbauen, die Kapitel II anhand des Pförtchens und der Alberti’schen Sehpyramide entwickelt hat. Ich habe dort darauf hingewiesen, dass Lacan den anamorphotischen Fleck, der auf dem Velum erscheint, wenn Zeichner oder Modell sich bewegen, nicht nur als Blick versteht, sondern ihn mit einem erigierten Phallus vergleicht. Schon um geläufige...