Aufeinander und miteinander hören
Meine musikalische Arbeit mit Luk Perceval
von Jens Thomas
Erschienen in: Arbeitsbuch 2019: Luk Perceval (07/2019)
Luk Perceval suchte für seine „Othello“-Inszenierung an den Münchner Kammerspielen 2003 einen improvisierenden Pianisten. Auf Empfehlung von Laurent Simonetti kamen wir in Kontakt. Nachdem Luk meine CDs gehört hatte, trafen wir uns im Frühjahr 2002 zum ersten Mal. Ich spielte ein Konzert mit dem Saxophonisten Christof Lauer in einer Stadt, deren Namen ich vergessen habe. Gut erinnern kann ich mich aber an den Mann mit Glatze und ohne Hut (!), der mir im Zuschauerraum des Clubs kurz vor Konzertbeginn entgegenkam. „Hab’ einfach Spaß“, sagte er, und das hatten wir. Damit war das Mantra unserer Zusammenarbeit im Prinzip schon gefunden. Während der Proben verwandelte es sich zu: „Mach dein Ding“.
Was ich bei unserer ersten Begegnung wusste: Der Mann meint es ernst. Mit allem. Vor allem aber, und das war für mich entscheidend: mit meiner Freiheit, die Musik zu improvisieren. Improvisation nicht als das „Erfinden“ von etwas, sondern als das Hörbarmachen von dem, was unsichtbar wirkt. Das zentrale Element war immer die Behauptung, dass alles jetzt, in diesem Moment entsteht, jeden Abend aufs Neue.
Nicht gespielt, sondern wirklich körperlich hervorgebracht. So ergriff mich das emotionale Spiel der Schauspieler derartig, dass ich auf einer Probe, ohne es zu merken, zu singen begann....