Theater der Zeit

Recycling Brecht

Theater exponierter Affekte als Medium einer transkulturellen Gemeinschaft

von Günther Heeg

Erschienen in: Recherchen 136: Recycling Brecht – Materialwert, Nachleben, Überleben (07/2018)

Assoziationen: Dossier: Bertolt Brecht

I. Brechts Wiederkehr

Nachleben

Brecht ist tot. Nicht nur der physische Körper, der am 14. August 1956 gestorben ist, sondern auch die „Idee Brecht“, sein geistig-praktisches Wirken unter wechselnden historischen Umständen. Ihr wird man nur gerecht, wenn man ihr keine überzeitliche Dauer zuspricht, sondern sie als historische begreift: dem Wechsel der Zeitläufe, dem sie entsprungen ist, zugleich ausgeliefert und darin wiederkehrend in veränderter Gestalt. Die Gestalt, in der die „Idee Brecht“ nach Brechts Tod auf uns zukommt, ist die des Nachlebens. Dessen Aggregatzustand ist der des Gespenstes. Das muss uns nicht betrüben. Denn gerade die gespenstische Existenz von Brechts Nach-Leben, als solche erkannt und bewusst ausgestellt, ist in der Lage, die Gegenwart in ein unvertrautes, nicht geheueres Licht zu stellen. Das gespenstische Nachleben Brechts infiziert die Gegenwart mit seiner Zwitterexistenz zwischen Leben und Tod und lässt diese selbst als gespenstisch erfahrbar werden. Ist damit aber das feststehend Wirkliche als ein Bezweifelbares und Unwirkliches in Frage gestellt, schärft sich der Sinn für die Dimension des Möglichen. Darin liegt das Potential an Zukunft, das das Brecht-Gespenst mit sich bringt.

Wie muss man sich das Brecht-Gespenst vorstellen? Substanzlos, gestaltlos, organlos vor allem. Da ist nichts, was sich organisch zur Gestalt eines Zusammenhangs fügte....

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