Guerillero F.C.
von Zé Celso
Erschienen in: Arbeitsbuch 2016: Castorf (07/2016)
So wie alles in Streit und Zwietracht unter Schlägen endet, so beginnt auch alles in diesem Land, ungeachtet jener Parole, die auf der grün-gelben Fahne Brasiliens dem Volk doch eigentlich „Ordnung“ und „Fortschritt“ verheißt. Auch ohne jede Spur von Rot, der eigentlichen Farbe des Lebens. Es war am Muttertag, als mir Michael Laages den Schlusstermin setzte, bis zu dem ich für dieses Arbeitsbuch einen Text über Frank Castorf, den weltweit größten Heavy-Metaller des modernen Theaters, zu liefern hatte. Mir, dem Direktor des TeAT(r)O Oficina, dessen Markenzeichen und Symbol (durch Dekret seiner Erbauerin, der Architektin Lina Bo Bardi) ein eiserner Ambos ist. Bei Artaud habe ich gelernt, dass wir im Theater – „wenn wir dem Ratschluss Gottes ein Ende bereiten“ – mit dem Anfeuern der Glut, den Schlägen des Schmiedehammers und der Formgebung auf dem Ambos die Anatomie des sogenannten Menschen verändern.
Aber jetzt, vor dem eleganten Frank, erröte ich mit der Schamhaftigkeit eines Fräuleins. Denn dieser sympathische Kerl hat sogar mich, der ich doch selbst nie jungfräulich war, mit seinen sensationellen Inszenierungen gleichsam vergewaltigt, mit diesen Handstreichen eines mächtigen Regisseurs der Berliner Volksbühne.
Ich halte nicht viel von intellektuellen und wohlerzogenen Texten. Ich werde Frank ob seiner Widersprüchlichkeit rühmen, wegen...