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Kunst: Cloudscape
Erschienen in: Theater der Zeit: Andrzej Stasiuk: Autor der Vergessenen – Der Erste Weltkrieg und das Rumoren der Geschichte (01/2014)
Im Alter von zwölf Jahren trat Lorna Simpson in einer Ballettaufführung im Lincoln Center auf, mit Perücke und Glitzerkostüm. Was das Tanzen betraf, wusste sie schnell, dass sie lieber im Publikum als auf der Bühne sein möchte. Für ihre Karriere sollte dieses Ereignis später wichtig werden. Es prägte nicht nur ihre künstlerische Laufbahn, es war auch der Auslöser für ein Video, in dem goldlackierte Darsteller mit Afroperücke durch den Raum tanzen. Okwui Enwezor, der designierte Kurator der nächsten Venedig-Biennale, hat die heute 53-jährige Tochter eines Kubaners und einer Schwarzen aus New Orleans für den europäischen Kunstmarkt entdeckt und ihr im Münchener Haus der Kunst eine Retrospektive gewidmet. Für den Rundgang ist es am besten, man schaut sich die Filmprojektion „Momentum“ gleich von der Treppe herab an, dann blickt man wie auf eine Bühne und hat augenblicklich eines der erfolgreichsten Musicals aller Zeiten, „Hair“, im Kopf, das die glamourösen Sixties mit nackten Körpern und wilden Haaren wie nichts anderes zelebriert. Im Werk von Lorna Simpson lassen sich zahlreiche Bezüge auf die „Politik der Haare“ ausmachen. Etwa, wenn sie Perücken in unterschiedlichen Frisuren und Farben aufreiht und kommentiert – dann ahnt man etwas von den Sehnsüchten einer schwarzen Frau. Als sie im...