Friedrich Rückert verlor 1833 innerhalb eines Monats zwei Kinder an Scharlach und verlieh seiner Trauer in über vierhundert Gedichten Ausdruck. Gustav Mahler wählte rund siebzig Jahre später fünf davon aus und vertonte sie als die berühmten „Kindertotenlieder“.
Als Koproduktion mit dem Lucerne Festival hat das Luzerner Theater Mahlers Zyklus in der Kammermusikfassung nun szenisch umgesetzt. Herausragend an der Aufführung ist nicht so sehr die in Einführung und Programmzettel als zentral formulierte, aber kaum erkennbare gesellschaftspolitische Frage nach einer Welt ohne Kinder und also einer Welt ohne Zukunft, sondern wie hier die Erfahrung von Trauer fassbar gemacht wird.
Maßgeblich wird das möglich durch den Umgang mit Publikum und Raum: Der einzelne Zuschauer wird bei Einlass von einem Musiker oder einer Musikerin behutsam durch die Dunkelheit zu seinem Platz – einem frei stehenden Stuhl – geführt. Die Stühle sind lose im Kreis um eine Mitte gereiht, in der eine kleine Kerze brennt. Man erlebt die Aufführung so gleichzeitig allein und eingebunden in ein Kollektiv, das sich im Halbdunkel unaufdringlich zu einer Art Trauergemeinde fügt.
Mitten in dieser Gemeinde stehen und gehen der Bariton Jason Cox und die Mezzosopranistin Sarah Alexandra Hudarew, die in der schlichten szenischen Anlage mit einem von ihm zu...