Musizierendes Berlin
Rudolf Schulz
Erschienen in: Theater der Zeit: Surrealismus und was man dafür hält (12/1946)
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Schon als ich drei Jahre alt war, interessierte mich die Geige so sehr, daß mir meine Eltern, die zur Musik keinerlei Beziehung haben, eine Miniatur-Blechgeige kaufen mußten. Mit acht Jahren hatte mein ständiges Drängen sein Ziel erreicht: ich bekam Unterricht im Violinspiel. Die Früchte zeigten sich bald: als Elfjähriger stand ich auf dem Podium und geigte das Violinkonzert von Mendelssohn. Eifrig studierte ich beim besten Lehrer von Hannover weiter und absolvierte nebenbei die Oberrealschule bis zum Abitur. Nun ging ich nach Berlin auf die Musikhochschule, um mein Studium bei Prof. Havemann zu vollenden. Nach kurzen Zwischenstationen wurde ich 1934 von Wilhelm Furtwängler an die Staatsoper als erster Konzertmeister verpflichtet. Seit einem Jahr hat sich mir ein sehr schöner neuer Wirkungskreis erschlossen: ich darf von meinem Können und meiner Erfahrung dem Nachwuchs mitteilen - als Lehrer an der Hochschule für Musik. Ebenso wichtig ist mir allerdings meine künstlerische Tätigkeit in erster Linie als Solist, dann als Quartettführer und als Leiter der Kammermusikvereinigung der Staatsoper. Meine besondere Liebe gilt der zeitgenössischen Musik. Sie bedarf dringend der Förderung und des mutigen Einsatzes der ausübenden Musiker. Denn — ist es nicht wichtig und schön zu erfahren, was wir, die Menschen unserer Zeit, in musikalischer...