Konzeptuelle Semantik – die Perspektive wechseln
von Viola Schmidt
Erschienen in: Mit den Ohren sehen – Die Methode des gestischen Sprechens an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin (04/2019)
Die Art und Weise, wie wir unsere Gedanken und Gefühle in Worte fassen, sagt nach Steven Pinker etwas über unsere menschliche Beschaffenheit aus. Seine unter dem Begriff Konzeptuelle Semantik zusammengeführten Überlegungen geben uns aufschlussreiche Einblicke in unsere Wahrnehmungs- und Interpretationsfähigkeit und erhellen den Zusammenhang von Sprache und Denken. Die Semantik bildet die Beziehung von Gedanken und Gefühlen zur Wirklichkeit in sprachlichen Einheiten (Wörtern und Sätzen) ab. In der Semantik können wir erkennen, „wie sich Sprecher auf ein gemeinsames Verständnis der Wahrheit einigen und wie ihre Gedanken in Dingen und Situationen in der Welt verankert sind.“142 Darüber hinaus schließt die Semantik die Verbindung zwischen Sprache und sozialen Beziehungen zwischen Menschen ein. Sprachliche Einheiten und Gedanken sind nicht zwingend identisch. Verwenden wir Homonyme wie das Verb kosten und das Substantiv Kosten, das Substantiv Flügel als Bezeichnung eines Tasteninstruments oder eines Flugzeugoder Vogelteils oder Heteronyme wie das Verb modern und das Adjektiv modern oder Homophone wie das Substantiv Küste und das gebeugte Verb küsste, erschließt sich die Bedeutung erst aus dem Sinnzusammenhang. Darüber hinaus können wir etwas sagen und etwas anderes meinen, wie wir auch etwas sagen und meinen können und doch anders verstanden werden als intendiert.
Wir verhalten uns mehrdeutig, spielen,...