Possen im Netz
von Dirk Baecker
Erschienen in: Recherchen 99: Wozu Theater? (01/2013)
Die Negativität der Kunst
Nur weniges ist in der Kunsttheorie so unumstritten wie die Negativität der Kunst. Kunst ist immer Einwand gegen die Verhältnisse, und sei es nur, um sich von diesen zu entkoppeln.1 Die Kunst ist der Gesellschaft daher seit jeher verdächtig, ihr Weinen ebenso wie ihr Lachen, ihre lügnerischen ebenso wie ihre schrecklichen Geschichten, mit denen sie den Ernst, die Würde und das Vertraute der Wirklichkeit ständig unterläuft.2 Versöhnt ist die Gesellschaft mit der Kunst nur dort, wo diese das Schöne präsentiert, und sei es im Gewand des Hässlichen.3 Das Schöne kann in der Gesellschaft wahlweise als das Natürliche oder das Unwirkliche gelten, und damit kann sich auch die Kunst anfreunden, so sehr sie auch gegen die Versöhnung rebelliert.4
Achtet man darauf, dass sich das Schöne der Kunst keiner Positivität, sondern einer Negativität verdankt, läuft man nicht Gefahr, dieses mit dem Gefälligen und daher Harmlosen zu verwechseln. Das Gefällige und daher Harmlose ist Sache der Kultur, nicht der Kunst. Und auch in der Kultur ist es nur der Akt einer Grenzziehung, der die Negativität der Kunst zwar gesellschaftlich einbetten, aber nicht unmöglich machen soll. Die Kultur entschärft das interesselose, aber notwendige Wohlgefallen des künstlerischen...