Magazin
Ausstattung als Weltentwürfe
Zum Tode des Bühnen- und Kostümbildners Martin Rupprecht
von Peter W. Marx
Erschienen in: Theater der Zeit: Unter Druck – Das Theater in Ungarn (04/2018)
Schon die Skizzen seiner Kostüme und Bühnenbilder verraten etwas von der Grundhaltung, mit der Martin Rupprecht seiner Arbeit nachging: Sie sind übervoll mit Details und Ideen, verbinden historisches Wissen mit künstlerischer Imagination. Der Begriff „Ausstattung“, der im deutschen Theaterleben immer noch gerne mit gespitzten Lippen ausgesprochen wird, als spräche man von einer Trivialität, die der Atemluft nicht wert sei, dieser Begriff verfehlt Martin Rupprechts Arbeit kategorial. Seine Kostüme und szenischen Räume sind nicht Auskleidung und Raumgestaltung, sondern Weltentwürfe. Dabei nahm Rupprecht das Spiel auf radikale Weise ernst: Mit Lust und Freude bevölkerte er seine Räume mit Tieren und Fabelwesen aller Art, ließ für das Berliner Stadtjubiläum mit „Preußen – ein Traum“ (1987) Gestalten der preußischen Geschichte überlebensgroß durch die Stadt ziehen oder entwarf für „Inferno und Paradies“ (1988) ein Spektakel auf dem Wannsee, auf Kähnen und schwimmenden Bühnen. Für „Untergang der Titanic“ (1979) verwandelte er das gesamte Haus der Deutschen Oper Berlin in ein Schiff. Aber Rupprechts Spiel war nicht an Größe gebunden: Immer wieder arbeitete er mit einfachen Mitteln für die Salonoper Chemnitz, etwa für „Der Nachtwächter“ (2000) oder „Die Zauberflöte – für Kinder“ (2008). Zielpunkt ist nicht Größe oder Prunk, sondern die Möglichkeit, der sogenannten Wirklichkeit ein anderes...