Versuche der Befreiung aus der Knechtschaft und aus der dichotomen Differenz
von Julius Heinicke
Erschienen in: Recherchen 148: Sorge um das Offene – Verhandlungen von Vielfalt im und mit Theater (05/2019)
Fanon beobachtet jedoch eine Tendenz im postkolonialen Kontext, welche dem Prozess der Hegel’schen Anerkennung ebenfalls entschieden entgegentritt und bestrebt ist, die Differenz zu bewahren:
Für den französischen Schwarzen ist die Situation unerträglich. Da er nie genau weiß, ob der Weiße ihn als Bewusstsein an und für sich betrachtet, wird er ständig darauf bedacht sein, den verborgenen Widerstand, die Opposition, den Protest zu entdecken. Eben dies geht aus einigen Passagen des Buchs von Mounier über Afrika hervor. Die jungen Schwarzen, die er dort kennenlernte, wollten ihr Anderssein bewahren. Ein Anderssein des Bruchs, des Gefechts, des Kampfs.122
Der lauernden Gefahr seitens des kolonialen Selbstbewusstseins, das Andere in sich aufzuheben und somit seiner Herrschaft zu unterwerfen, sind sich Vertreterinnen der führenden afrikanischen Eliten in postkolonialer Zeit bewusst. So setzt die Kulturpolitik Robert Mugabes in Zimbabwe in den letzten zwanzig Jahren auf die kollektive Konstruktion des „African Spirits“, der sich als Konterpart Europas und der rhodesischen und britischen Kulturpolitik gebärdet. In der gegenwärtigen Debatte um Blackfacing in Deutschland und der Frage, wer entscheiden darf, was auf der Bühne gezeigt oder zensiert wird, ist bisweilen eine ähnliche Tendenz sichtbar, eine binäre Andersheit von People of Color zu betonen. Fanon problematisiert die innerhalb solcher Gegenbewegungen...