Hörspiel
Hörspielprobleme
von Hedda Zinner
Erschienen in: Theater der Zeit: Zeittheater oder Theater der Zeit? (07/1946)
Es gibt noch kein Hörspiel, das als Kunst anzusprechen wäre. Darüber herrscht weitgehend Einigkeit. Bleibt also zu fragen, ob es überhaupt einen Weg gibt, auf dem das Hörspiel zur Kunst geführt werden kann, oder ob es immer nur technisch reproduziertes, auf das Akustische, beschränktes, also verstümmeltes Theater bleiben muß. Im Augenblick ist es noch kaum etwas anderes. Darüber dürfen uns auch gelegentliche Erfolge nicht hinwegtäuschen, die von Hörspielen erzielt wurden, deren Handlung fast ganz in einem akustischen Milieu verankert ist, so daß der Mangel an Visuellem wenig ins Gewicht fällt. Im Gegenteil, das läßt dem Aufmerksamen das Problem besonders deutlich werden.
Man könnte, sich nun die Sache einfach machen und sagen: Warten wir ab, bis das Fernsehen, möglichst das plastische und farbige Fernsehen, das ja eines Tages kommen wird, uns vor die endgültige Lösung des Problems stellt; vorher bleibt ja doch alles notgedrungen Stückwerk!
Das wäre ein falscher Standpunkt, denn er beruht auf einer mechanischen, unhistorischen Betrachtungsweise gesellschaftlicher Entwicklungsgesetze, von denen die Gesetze der Kunstentwicklung nur ein – wenn auch besonders komplizierter – Teil sind. Shakespeare hat auch nicht gewartet, bis Lautenschläger die Drehbühne erfand; oder, um ein sehr naheliegendes Bespiel unseres Jahrhunderts zu nehmen, Meßter hat seine ersten stummen...