Fliegende Engel und bucklige Dämonen
von Markus Joss und Florian Feisel
Erschienen in: Lektionen 7: Theater der Dinge – Puppen-, Figuren- und Objekttheater (10/2016)
Finster erscheint das Mittelalter auf den ersten Blick dann, wenn man nach Zeugnissen des klassischen Puppenspiels sucht. Unser Blick fällt auf nur wenige bildliche Darstellungen und dort erkennen wir nur das, was wir uns aus heutiger Wahrnehmung leicht erklären können: eine Art Handpuppenbühne, mechanische Puppen, an Fäden geführt, die sich im Schwertkampf gegenüberstehen – viel mehr sehen wir nicht. Vielleicht aber ist das Problem unsere Perspektive. Wir suchen in einer fremden Welt nur nach dem Bekannten. In der Renaissance häufen sich dann die bildlichen wie die schriftlichen Zeugnisse, und es ist zu ahnen, dass die phantastischen Gestalten, die sich dort tummeln, eine Vorgeschichte haben, die auf eine kultische Praxis avant la lettre verweist.
Das Netzwerk der Dinge im Mittelalter
Es ist für uns heute kaum vorstellbar, dass der Mensch des Mittelalters nur von Unikaten umgeben war. Kein Ding war wie das andere, und das Wort Handarbeit hätte niemand verstanden, weil dem Begriff der Gegenpol im Sinne der industriell gefertigten Ware fehlte. Begriffe wie Unikat oder die Rede von individuellen Produkten, die uns heute an selbstgestrickte Pullover und handgeschnitzte Löffel denken lassen, treffen die Sache aber auch nicht.
Der Objektbegriff im Mittelalter war ein fundamental anderer als der heutige. Unser alle...