Nachruf
René Pollesch: Im Dienste der Bühne
Die unvergessliche Präsenz eines revolutionären Geistes
von Thomas Irmer
Assoziationen: Theatergeschichte Berlin René Pollesch Volksbühne Berlin
Erschienen am 27.2.2024
René Pollesch hat als Autor-Regisseur, der für jede seiner Inszenierungen ein neues Stück schrieb, seit Ende der 1990er Jahre das Theater neu gedacht und mit seinen Schauspieler:innen auf einzigartige Weise spielen lassen. Ein nach Brecht und Heiner Müller politisches Theater der aktuellen Diskurse, das dringend gebrauchte Gesellschaftskritik wie auch die Selbstkritik des Theaters auf die Bühne brachte. Mit Verve, Witz und Engagement – und einer Ensemblekultur, in der die Spieler:innen zur Ko-Autorenschaft aufgefordert waren. In ungefähr 200 Arbeiten an den verschiedensten Theatern in Deutschland, Österreich und der Schweiz, international u.a. auch in Chile und Polen.
1962 im hessischen Friedberg geboren und aufgewachsen in einem Ort, in dem sich das Künstlerische und Intellektuelle im Verborgenen hielten, wie er einmal bemerkte, bekam er als Teenager von einem Verwandten eine Schreibmaschine geschenkt – und begann zu schreiben. Er studierte dann im nahen Gießen an dem gerade gegründeten Institut für Angewandte Theaterwissenschaft bei Andrzej Wirth, der ein post-Brecht’sches Theater in Theorie und Praxis vertrat und für dessen Lehre Heiner Müller, Robert Wilson, George Tabori und den hier weniger bekannten US-Avantgardisten John Jesurun auf die Probebühne des Instituts einlud.
Nach einer Inkubationszeit der 1990er Jahre mit Aufträgen als Dramaturg an verschiedenen...
Erschienen am 27.2.2024
