Am Anfang war die tiefe Sehnsucht, nach den Körpern, die verschwunden waren. Jede Erinnerung an einen von ihnen gleicht nunmehr einem Ton, den Annemarie Brüntjen auf dem Flügel mal zart, mal wild anschlägt. Die Klänge verhallen in den geisterhaft leeren Rängen des Nationaltheaters Mannheim, das mit der One-Woman-Show „Land ohne Worte“ gewissermaßen sein eigenes Schicksal im Schatten der Corona-Pandemie reflektiert. Wonach Dea Lohers ursprünglich aus Erfahrungen einer Afghanistanreise entstandenes Stück fragt, ist die Bedeutung der Kunst in einer Zeit, die die Kultur längst aufgegeben hat. Wohl auch deswegen begegnet uns die Protagonistin auf der Bühne als eine Suchende. In einer verspielt-ironischen Magritte-Anspielung trägt sie ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Dies ist keine Malerin“, obwohl sie sich genau in eine solche hineinversetzt.
Wenn sie nicht gerade am Piano sitzt, verräumt sie Gegenstände auf der Bühne, philosophiert über die Schönheit und bringt sich als romantische Außenseiterin gegenüber der Mehrheitsgesellschaft in Stellung. Letztere sei ihr zufolge nur für das Bequeme und Reibungslose zu haben. Der gemeine Mensch präferiere kitschige Petunienbilder, wohingegen sie den „Tierkadaver mit Ameisen in einer Glasvitrine“, also den „veranschaulichten Lebenskreislauf“, wählen würde. Hierin kommt, wie eine der stets wechselnden Aufschriften auf der weißen Leinwand im Hintergrund dokumentiert, ihr „gegenentwurf“ zum...