Theater der Zeit

Prolog

von Astrid Griesbach

Erschienen in: Ensemble in Bewegung – Wie sich das Puppentheater Magdeburg stetig neu erfindet (01/2021)

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„Am Anfang sind drei Buffone. In ihrem Besitz ist Faust. Der ganze Faust. Johann, Heinrich … alle Fäuste. Und die Buffone erobern sich die Geschichte, erobern sich den Faust, naiv und wissend, sie durchschreiten die Zeit, nehmen Dinge und Puppen, die aus einem zu klein gewordenen Kinderzimmer auf ihre Entsorgung warten … und Geschichten in sich tragen.“* ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Faust (Puppe) springt in den Abgrund, Freda (Puppenspielerin) fängt ihn auf/zieht ihn hoch/stellt ihn auf
Faust springt wieder, Freda fängt ihn auf/zieht ihn hoch/stellt ihn auf
F: Das muss doch gehen – es gibt doch das Fallgesetz von Newton.
Faust springt wieder, Freda fängt ihn auf/zieht ihn hoch/stellt ihn auf
F: Welch ungewöhnlich feste Kraft hält mich auf Erden?
Freda: (ksks) – Du wirst nicht sterben, du bist nur eine Puppe.
F: Ich habe einen eigenen Willen, ich bin Faust!
Freda: (ksks) – Vergiss es. Wir animieren dich so lange, wie wir wollen.
Und wir sagen: Deine Geschichte ist noch nicht vorbei. . . .

Kasper: (…) Gretchen … äh, Gretel, du bist noch nicht verloren. Du kannst noch zurück. Komm raus aus der Geschichte! – Mit mir sollst du Kinder haben, kleine Gretels und Kasperpuppen. Wir müssen auch an die Zukunft denken! Das Puppentheater soll nicht aussterben! Wir werden auf Gastspiel gehen, und die Oma kommt auch mit. – Gretel, der Faust, der ist nicht in Ordnung. Er hat einen komischen Freund. Mit dem stimmt was nicht, der ist überall. Heute früh beim Bäcker stand er hinterm Tresen und hat mir dann heimlich verkohlte Brötchen in die Tüte gepackt. Das ist doch krank. (…) Der war es auch, der mir den Kredit aufgeschwatzt hat. Hilfe, ich hab mich nicht mehr unter Kontrolle!

Fragmente aus „Doktor Faustus reorganisiert“ nach dem Puppenspiel vom Doktor Faust, nach Friedrich Wilhelm Murnau und nach Johann Wolfgang von Goethe

Spielfassung: Astrid Griesbach und Ensemble – Regie: Astrid Griesbach – Spiel: Freda Winter, Lennart Morgenstern, Nis Søgaard. Ausstattung: Franz Zauleck – Puppenbau: Barbara Weinhold – Puppentheater der Stadt Magdeburg, 2012

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„Zwischen Goethes Dichtkunst und Kaspers Improvisationen blicken wir aus dem Heute auf die ewige Frage, was uns antreibt, immer noch mehr zu wollen. Aus der Magie des Zusammenspiels von Dingen, Handpuppen und Buffonen/ Spielern entstehen gespiegelte und gedoppelte Sichten auf einen Text und seine Figuren, die uns sehr, sehr nahe sind.“*

* aus ersten konzeptionellen Überlegungen von Astrid Griesbach zu „Doktor Faustus reorganisiert“

Astrid Griesbach

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