Wo wohnen Sie, Madame? Die aus dem Französischen übersetzte Frage wird zu einem der Leitmotive dieses wundervollen Romans. Die Antwort lautet etwa: „In Rainer Werner Fassbinder. In Heinrich Böll.“ Emine Sevgi Özdamar, in der Türkei ausgebildete Schauspielerin, hat ihr Land nach dem zweiten Militärputsch 1971 verlassen, ist nach Berlin, Paris, Bochum gegangen, aber als Wanderin zwischen den (Theater-)Welten findet sie Heimaten in Menschen, in Künstlern, in Gefühlen, nicht in Ländern oder Städten. Sprache, Rhythmus, Humor machen ihren neuen Roman „Ein von Schatten begrenzter Raum“ zu einem Wunderwerk; der Stoff ist nichts anderes als das Leben der Icherzählerin (das ist Özdamar). Sie hat Glück, trifft interessante Leute, Benno Besson holt sie nach Frankreich, Matthias Langhoff als Assistentin nach Bochum – die Häuser in der Ruhrpottstadt haben schwarze Gesichter, sie würde sie am liebsten waschen.
Selten, nein, vermutlich nie ist übers Theater so lustig geschrieben worden wie in diesem 750-Seiten-Roman, dessen Titel ja eher etwas Düsteres erwarten lässt. Der politische Kontext sorgt durchaus für eine düstere Grundierung, am Telefon, wenn Özdamar mit den Eltern telefoniert, hört man die Militärhubschrauber. Das gespaltene Berlin der Siebziger nennt sie „Draculas Grab“, während sie zwischen West und Ost pendelt, überall Freunde hat, nirgends ein eigenes Zuhause....