Der Verrofonspieler Philipp Marguerre schreitet über die Bühne zu einem Kleiderkoffer, aus dem er einzelne Kostüme hinter den Vorhang reicht. Zurück an seinem Instrument, bringt er vorsichtig Glas und Wasser zum Klingen. Der Vorhang hebt sich, und ein versprengter Chor kommt zum Vorschein. Das Bühnenbild gleicht der grüngrauen Tristesse einsamer Bahnhöfe.
So beginnt die Inszenierung von Ödön von Horváths „Kasimir und Karoline“ in der Regie von Enrico Lübbe am Schauspiel Leipzig zum 85. Jubiläum der Uraufführung, die ebenfalls in Leipzig stattfand. Bei Horváth spielt sich das dramatische Volksstück zwischen Kasimir und Karoline noch auf dem Oktoberfest ab, welches als Spektakel mittelständischer Vergnügung die Protagonisten auseinanderzerrt. In fragmentierten Begegnungen durchleben die beiden ihre Trennung, ihre Entzweiung spiegelt sich auch in den Handlungssträngen: Kasimir stellt Karoline noch eine Weile eifersüchtig nach, bis er von dem halbkriminellen Paar Merkl Franz und Erna in illegale Umtriebe gelockt wird. Karoline wiederum lässt sich vom zwielichtigen Zuschneider Schürzinger bezirzen, bändelt in Hoffnung auf eine bessere Stellung mit den Altherren Speer und Rauch an, durchwandert Abnormitätenschau und Hippodrom samt Pferderitt.
Am Ende finden sich die Figuren in einer neuen Ordnung wieder: Kasimir geht mit Erna, Karoline mit Schürzinger. Dabei kommt es nicht zum Happy End, lediglich zu...