Kollektive: Chor und Orchester
von Rainer Simon
Erschienen in: Recherchen 101: Labor oder Fließband? – Produktionsbedingungen freier Musiktheaterprojekte an Opernhäusern (02/2013)
Traditionelle Opernorchester und -chöre, weitere entscheidende personelle Produktionskomponenten traditioneller Opern, werden in freien Musiktheaterproduktionen selten oder fast überhaupt nicht eingesetzt. Wenn Musikerkollektive involviert werden, so sind es meist Neue- oder Alte- Musik-Ensembles wie das Ensemble Modern (Heiner Goebbels’ Schwarz auf Weiß), das Klangforum Wien (Alain Platels Wolf), die Akademie für Alte Musik Berlin (Sasha Waltz’ Dido und Aeneas), kleine, projektweise engagierte Combos, für welche die Musik eigens arrangiert wird (Frank Castorfs Meistersinger)51, oder freie Chöre wie der Balthasar-Neumann-Chor (Sebastian Baumgartens La Fabbrica. Aus der Arbeitswelt).
Eine wesentliche Komponente traditioneller Kollektive, die immer wieder von freien Musiktheaterschaffenden pauschal kritisiert wird, sind die tarifrechtlichen Vereinbarungen. Für das künstlerische Personal an Opernhäusern regeln in Deutschland zwei Tarifverträge die Arbeitsbedingungen, zum einen der Normalvertrag Bühne (NV Bühne) für Solisten und Chor,52 zum anderen der Tarifvertrag für Musiker in Kulturorchestern (TVK) für die Orchestermitglieder.53 Wie anhand der Vertragsbestandteile Beschäftigungsverhältnis und -dauer sowie Proben- und Ruhezeiten, deren Regelungen von der Praxis freien Musiktheaters besonders abweichen, zu sehen ist, lässt der TVK „bei weitem nicht so viel Spielraum wie der Bühnentarifvertrag“54. Innerhalb dessen sind wiederum die Arbeitsbedingungen der Chöre umfassender als die der Solisten geregelt.55...