Seit der Annahme der Initiative „Gegen Masseneinwande- rung“ am 9. Februar 2014 geht ein Stöhnen durch die Schweiz. Die einen stöhnen aus Erleichterung, die anderen aus Empörung. Auf der Bühne manifestiert sich ein gesteigertes Interesse an der Auseinandersetzung mit den helvetischen Wurzeln, Werten und Traditionen. Befragt werden politische, gesellschaftliche und kulturelle Strukturen, auf welchen die Schweiz fußt. Dabei offenbart sich ein wachsendes Misstrauen gegenüber dem Fremdbild, das von der Schweiz als Steuerparadies, Wellnessinsel und europaresistenter Demokratie kursiert. Denn die Befürchtung, diesem Bild auf die Dauer nicht gerecht zu werden, ist kein Phantom mehr, sondern real und überdies berechtigt.
„Wir wissen nicht, was Glück ist, aber wir wissen, was es war!“, lautet einer der prägnantesten Sätze in der Produktion „Mamma Helvetia – ein Familienrapport“ von Regisseur Georg Scharegg, uraufgeführt beim Festival Höhenfeuer am Theater Chur. Der seit längerem in Berlin wohnhafte Bündner Regisseur hat sich lange vor dem 9. Februar 2014 mit seinem Team auf einen Streifzug durch die Schweiz begeben und damit auf die Suche nach deren Eigenarten und Befindlichkeiten. Das Recherchematerial hat er in einer fünfteiligen Collage verarbeitet. Auf der Bühne stehen mobile Kästen aus grobem Holz, deren Innenleben von der Aufzugskabine übers Stübchen bis zum Gemüsekeller multifunktional ist...