Theater der Zeit

Im Schneidersitz – das Hallo-und-Adieu-Spiel

von Viola Schmidt

Erschienen in: Mit den Ohren sehen – Die Methode des gestischen Sprechens an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin (04/2019)

Der Bewegung des Beckens, die sich beim körperlichen Zentrieren ergibt, können wir auch im Schneidersitz gut nachspüren. Die unterschiedlichen Spannungszustände, die sich aus dem Grad des In-Beziehung-Tretens zu tatsächlichen oder vorgestellten Mitspielern ergeben, lassen sich relativ leicht herstellen. Mitunter ist es günstig, im Schneidersitz eine zusammengerollte Decke unter dem Gesäß zu platzieren, um das Becken und die Beine zu entlasten. Sitzen wir zunächst einem Mitspieler gegenüber, der uns in keiner Weise interessiert, und richten wir die Aufmerksamkeit lediglich darauf, uns in dieser Körperposition völlig zu entspannen, dann löst sich das Becken, die Wirbelsäule wölbt sich konkav, der Kopf hängt, die Schultern sind gelöst. Atembewegungen sind im hinteren unteren Rücken deutlich spürbar. Um aus dieser Position zu schauen, wer uns gegenübersitzt, reicht es zunächst, lediglich den Kopf zu heben. Das ist leicht und benötigt keinerlei Veränderung in der Mitte des Körpers. Das Interesse am Partner, das wir damit bekunden, und die Notwendigkeit, in Kontakt zu treten, wird aber meist als relativ gering beschrieben. Erhöhen wir diese Notwendigkeit dadurch, dass wir uns mit einer klaren Absicht an Mitspieler richten, also etwas Konkretes von ihnen wollen, wendet sich der ganze Körper ihnen zu, das Becken bewegt sich nach oben und richtet die Wirbelsäule...

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