Protagonisten
Zorniger Eremit
Peter Handke wird 75 Jahre alt
von Gunnar Decker
Erschienen in: Theater der Zeit: Der Knick im Kopf – Theater und Migration (12/2017)
Assoziationen: Akteure
Dies ist ein Bewohner jener Zwischenreiche, die aus Paradoxen gemacht sind: Bilder und Bilderverbot, Sprechen und Schweigen, Realität und Traum, Kontemplation und Aktion, Mittelpunkt und Peripherie. Peter Handkes Erstling „Die Hornissen“ blieb ein fast unbemerktes, stilles Buch. Solche Meditationsbücher für kleine Kreise hat er einige geschrieben, es gehört für ihn zu den Ritualen des Alleinseins: Mit der Welt verkehrt er bevorzugt schriftlich, darin dem – und dazu gehörte in der sozialkritisch hochgerüsteten Gruppe 47 einiges – verehrten Hermann Hesse nah, in dem er einen geistigen Verwandten erblickte. Der konnte, was heute nur noch wenige können: Reflexion und Beobachtung in einen ruhigen Erzählfluss bringen.
Peter Handke, der moderne Romantiker, der am 6. Dezember 1942 – mitten im Zweiten Weltkrieg – auf den Trümmern des k. u. k. Imperiums (eine ferne Erinnerung bereits zu diesem Zeitpunkt!) in Kärnten geboren wurde, im Grenzland zu Slowenien. Diese historisch gewachsene Landschaft aus Kontinuität und Brüchen hat sein Nachdenken über Heimat bestimmt. Die Stille, die er sucht und zeitweilig in seinen Texten ins Extrem treibt, ist nie ohne ihr Gegenteil. Dieser Eremit kann sehr cholerisch reagieren, wenn man ihm auf falsche Weise zu nahe tritt.
Lärm also hat er immer reichlich gemacht, dieser Publikumsbeschimpfer aus Passion....