Florian Vaßen, emeritierter Professor für neuere deutsche Literatur in Hannover, hat die Heiner-Müller-Gemeinde mit einem Mammutwerk beschenkt. Eine Bibliografie, die auf fast 1800 Seiten alle Quellen auflistet, die sich auf den Autor beziehen. Ganz gleich, ob Drama, Lyrik, Prosa, Briefe, Schriften oder Theateraufführungen. Ganz gleich, ob auf Deutsch, Italienisch, Polnisch oder in welcher Weltsprache auch immer verfasst.
Allein die Welle des Sekundären, die Müller verursachte, veranschaulicht, in welchem hohen Maß dieser deutsche Dramatiker die Kommentatoren und akademischen Einrichtungen bislang beschäftigte. Natürlich weiß jeder diesen Index zu schätzen, der sich einmal veranlasst oder gezwungen sah, im Kontext der Universität zu arbeiten. Wie viel wertvolle Zeit geht Tag für Tag bei der Suche nach Sekundärliteratur verloren? Die monströse Auflistung zeigt zugleich an, dass offenbar im Werk Müllers noch immer ein schwer zu kartografierendes Dunkel existiert, das die Forschung bislang nicht durchdrungen hat und das gelichtet werden will. In Florian Vaßens unglaublicher Recherche manifestiert sich jener Müller, der ein immer noch nicht abgeschlossener Fall für die Wissenschaft ist. Momentan ist die Frage, ob Müllers Werk die Epoche, aus der es stammt, überdauert, nicht entschieden. Auch nicht, wie viel Wert den zahllosen Facetten, die es spiegeln, noch innewohnt, nachdem die digitale Revolution das Industriezeitalter...