Magazin
Ohne mich
Der steirische herbst 2014 umspielt die Kunst der Verweigerung
von Hermann Götz
Erschienen in: Theater der Zeit: Jammer und Glorie – Der Regisseur Krzysztof Warlikowski (12/2014)
Assoziationen: steirischer herbst
Die östliche Grenze zwischen Slowenien und Österreich ist ein hübscher Streifen Land, eine weite Welt der Weinberge. Die Autobahnanbindung ist gut, die Stadt Graz nah. Doch bevor das Weinland beginnt, geht es durch eine ausgedehnte Ebene, in der eher die Schweinezucht dominiert. Hier liegt an einem vereinzelten Hügel Wildon, ein nettes Städtchen mit viel Barockarchitektur und einer von Bürgerhäusern gesäumten Dorfstraße. Dummerweise ist diese zugleich Verkehrsader, was ihre Nutzung durch Fußgänger und Flaneure eher unmöglich macht. Im Ranking der traurigsten Orte dieses Landes nimmt der Kebabladen hier, in dem ein einsamer Säufer den kalten Fleischspieß hypnotisiert, gewiss einen Topplatz ein. Gleich danach kommen das tote Kino und die verlassenen Geschäftslokale mit ihren schmutzverkrusteten Auslagen. In genau diesen Kleinhandelsbrachen war eines der schönsten Projekte des Festivals steirischer herbst zu erleben. „Kingdom“, ein „side-specific Mystery-Hörspiel-Game“ von machina eX. Im Programm heißt es, die Arbeit bringe „die Welt der Computerspiele mittels Sensoren, Elektronik und Software zurück in die Realität“. Sagen wir, es ist eine Schnitzeljagd. Eine äußerst klug und detailverliebt gestaltete. Kleine Besuchergruppen werden per Handykommandos über Hintertreppen in leere Geschäfte und verwaiste Büros geführt. So erschließt sich den „Ermittelnden“ die Story. Und zugleich die verkehrte Welt einer Stadt, in der die Vorderfront...