Protagonisten
Sprung in die Tiefe
Zum Tod von Horst Sagert
von Stephan Suschke
Erschienen in: Theater der Zeit: Mirco Kreibich: Brüchiger Zeitspieler (06/2014)
Assoziationen: Akteure
„Die Lehrer sind tot“, sagte Corinna Harfouch, als wir nach dem Tod Horst Sagerts miteinander telefonierten. Der originellste, querköpfigste deutsche Künstler, den ich kannte, ist am 8. Mai, dem Tag der Befreiung, gestorben. Kennengelernt habe ich ihn 1996. Schleef hatte in der ihm eigenen Ausschließlichkeit gesagt, dass der einzige Künstler, der am Berliner Ensemble inszenieren solle, Horst Sagert sei. Ich traf ihn, wir sprachen über „Medea“, ein Uraltprojekt, das Anfang der siebziger Jahre am Deutschen Theater gescheitert war. Ein Vierteljahr später zog sich Sagert aus dem Projekt zurück, wir trafen uns aber immer wieder. Mich interessierten seine überbordende Phantasie, seine verquere Dialektik, seine Formulierungslust und vor allem seine Bilder. Im Hintergrund zwei Erinnerungen an Theaterereignisse: „Der Drache“ in der Regie von Benno Besson, mit Eberhard Esche und Rolf Ludwig am Deutschen Theater („Wir müssen Berlin verzaubern, Kläuschen“ sagte Esche zu Klaus Piontek, als sie ans Deutsche Theater engagiert wurden) und „Urfaust“ am Berliner Ensemble, in seiner eigenen Regie, mit Corinna Harfouch, Hermann Beyer und vielen anderen Schauspielern, mit denen ich später arbeiten sollte.
Wir telefonierten häufig, er sagte: „Wir mögen Sie, aber bisher haben Sie nichts geleistet. Wachsen Sie, denken Sie gut nach, lesen Sie. Denken Sie ästhetisch und ein...