3. Gemeinschaften bilden
von Bernd Stegemann
Erschienen in: Kritik des Theaters (04/2013)
»Indem jener sich auf das Gefühl, sein inwendiges Orakel, beruft, ist er gegen den, der nicht übereinstimmt, fertig; er muß erklären, daß er dem weiter nichts zu sagen habe, der nicht dasselbe in sich finde und fühle; – mit anderen Worten, er tritt die Wurzel der Humanität mit Füßen.«
G.W.F. Hegel Phänomenologie des Geistes242
Die Wahlfreiheit des Konsums bestätigt alltäglich eine Form von Freiheit, die das Subjekt als Eigentümer denkt. Als Eigentümer vereint er alle kapitalistischen Verhaltensweisen in sich: Konkurrenzdenken, Angst vor Verlusten, Sucht nach Gewinnen und das religiöse Gefühl, dass der Wert des Menschen etwas mit seinem Besitz zu tun haben muss. Gestützt wird die Freiheit des Eigentümers durch den Argwohn gegen jede Form der Vergemeinschaftung. Die Busreise mit Gesang, der Verein mit seinen Regeln, die Parteien mit ihren Machenschaften, überhaupt jedes Milieu, das den Individuationsdrang aufheben will und dafür soziale Techniken verwendet, mutet dem Konsumenten unmittelbar übergriffig an. Die Gestalt von Wir-Absichten wird für die Selbstwahrnehmung des postmodernen Subjekts zu einem erschreckenden Geheimnis.243 Die einfachste Formel, die die Konsumentenschar noch anzuerkennen bereit ist, ist die Behauptung, dass die Wir-Absichten die Summe aller Ich-Absichten sind. Diese Beschreibung resultiert aus der Logik des Marktes, die die Summe aller...