internationales dramatiker*innenlabor „out of sight“
Ein Stück Autoethnografie wider die Schönen Künste
„Campo“ von Laura Uribe
von Theresa Schütz
Erschienen in: Theater der Zeit: Volksbühne Neu (11/2021)
Assoziationen: Dramatik
Die in Mexiko geborene Performancemacherin Laura Uribe, die in Deutschland bislang vor allem mit ihrem Gastspiel „Mare Nostrum“ (unter anderem 2017 beim Festival Theaterformen in Hannover) bekannt wurde, hat im Rahmen des Internationalen Dramatiker*innenlabors ihr erstes Theaterstück verfasst. Darin erfahren wir zunächst, wie mexikanische Mütter und Großmütter lernen, mit Drohnen umzugehen, weil sie ihnen bei der Suche nach ihren verlorenen Kindern helfen. Anschließend erzählt der zwölfjährige Tavo, wie nach und nach seine drei Onkel und auch sein Vater verschwanden. Und Nancy Bustos und Mirna Medina berichten, wie sie die Leichname ihrer Söhne fanden und in Einzelteilen selbst bergen mussten. Aufgrund fehlender Geräte, fehlenden Personals und fehlender Zeit können Ermittlungen und Untersuchungen nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden, so bezeugen es auch eine Polzeiinspektorin und eine rechtsmedizinische Gutachterin.
„Campo“ widmet sich der bereits seit Jahrzehnten real stattfindenden Tragödie Zehntausender verschwundener und weiterhin verschwindender Menschen in Mexiko. Hinter den Entführungen und Verschleppungen vornehmlich junger Männer stecken häufig Drogenkartelle oder andere organisierte Banden; Korruption und Justizversagen stützen diese Verbrechen. Laura Uribe hat bei ihren Recherchereisen mit zahlreichen Menschen vor Ort Interviews geführt, deren Positionen als „Augenzeugenberichte“ in ihr Dokumentartheaterstück eingeflossen sind. Auf diese Weise verstärkt sie die Stimmen derer, die sich – wie Tavos Großmutter...