Die Ansprache des Intendanten Matthias Brenner war eindeutig. Sie enthielt den Hinweis, dass es natürlich große Probleme im Theaterland Sachsen-Anhalt gebe (siehe TdZ-Sonderheft „Die glorreichen Drei“). Am Tag der Spielzeiteröffnung gelte der Abend aber ganz allein dem Theaterspektakel „Stadt Land Krieg!“ mit seinen vier kleineren im ganzen Haus verteilten Produktionen und der Premiere von John von Düffels Stück „Ödipus Stadt“.
In der Unterbühne hatte Henriette Hörnigk einen rasanten Gang durch das Leben Gottfried Benns eingerichtet, der vor allem staunen ließ, was man alles in nur 45 Minuten zu diesem Dichterleben zusammenbringen kann. So ging es in „Dschungel ohne Bisse“ vom Pathologen mit seinem literarischen Debüt am Vorabend des Ersten Weltkriegs über die Verirrungen zu Beginn des NS-Staats und die Kritik von Klaus Mann bis hin zum Einsamen in der Nachkriegszeit, der von Johannes R. Becher einen Telefonanruf erhält, dem er erklärt, dass es die Aufgabe des Dichters sei, dem Elend zuzusehen. Hilmar Eichhorn als alter Dr. Benn hält dieses permanente Anreißen von Miniszenen eindrucksvoll mit Zitaten zusammen. Von den parallel im Stadtraum laufenden „Hurengesprächen“ nach Heinrich Zille schauen sogar einmal Claire Waldoff und Alma Mahler kurz vorbei, als innere Verzahnung des Spektakels, zu der die Studioarbeit der Studenten der Leipziger...