Das ist unser Haus
von Naika Foroutan
Erschienen in: Zeitgenoss*in Gorki – Zwischenrufe (03/2023)
Ich verstehe nicht viel von Theater. Das ist auch der Grund, weshalb ich das Gorki gar nicht in erster Linie als Theater sehe, sondern als einen zentralen Raum in der Stadt, der so etwas wie ein Zufluchtsort ist. Ein Raum, in dem man gemeinsam politisch denkt, gemeinsam Gesellschaft neu denkt. Natürlich ist es ein Kulturraum. Aber eben auch: ein gesellschaftspolitischer Raum, ein Rückzugsraum, ein Strategieraum, ein Planungsraum, ein Diskursraum, ein Trostraum, ein Ort, wo man sich gegenseitig Mut und Kraft zuspricht. Wenn man in irgendeiner Form angegriffen wird, hat man das Gefühl, dieses Haus steht hinter einem – mit einer Community, vor der man nicht performen muss.
Das Gorki ist für mich kein performativer Raum, sondern das genaue Gegenteil. Für viele von uns, die migrantisch gelesen werden – besonders für diejenigen, die politisch-aktivistisch-wissenschaftlich agieren – ist alles draußen permanente Performanz. Der gesamte Lebensraum ist performativ, man spielt die ganze Zeit eine Rolle. Nicht in diesem Theater. Man betritt es und muss sich nicht verstellen, weil sich hier etwas entwickelt, von dem man sich wünscht, dass es das neue Deutschland ist. Es entwickelt sich szenisch, diskursiv, aber auch selbstverständlich. Dieser Raum bietet eine neue Selbstverständlichkeit, so etwas wie die neue gesellschaftliche...