3 Applied Theatre
von Florian Evers
Erschienen in: Recherchen 139: Theater der Selektion – Personalauswahl im Unternehmen als ernstes Spiel (11/2018)
Applied Theatre ist ein Dachterminus und kann zugleich wissenschaftlich als ein contested concept119 bezeichnet werden. Zu diesem Schluss führt die Beobachtung, dass der Diskurs des Applied Theatre sich zwar zum einen den inhaltlichen Herausforderungen diverser Projekte dieses Feldes widmet. Dies kann sehr konkret anhand der Problemstellungen einer durchgeführten Theaterarbeit passieren oder aber auf abstrakterer Ebene durch Fragen der Nachhaltigkeit und Messbarkeit, der Politiken und Wirkungsästhetiken, der Ethik und Verantwortung des Applied Theatre. Zum anderen aber ist der Diskurs auch geprägt von taxonomischen, gattungstheoretischen Fragestellungen,120 die vor dem Hintergrund theaterhistorischer121, aber auch vergleichender politischer, ethischer und ästhetischer Perspektiven die Debatte darum entfachen, was neben den definitorischen Kernformen noch dem Korpus zugerechnet wird oder aus diversen Gründen als eine eigene Form – wie etwa „applied drama“122 oder eben auch Unternehmenstheater123 – gefasst werden soll. Als ebendiese Kernformen des Applied Theatre gelten zumeist Gefängnistheater, Theater in Krisengebieten, das sogenannte theatre for development, Theater in der Bildungsarbeit und zur Aufklärung, zudem manchmal Museumstheater und theaternahe Therapieformen sowie selten auch das Unternehmenstheater.
Eine maßgebliche Argumentationslinie dieser Studie ist es, theatrale Module von Personalauswahlverfahren, die im Forschungsdiskurs bisher weitestgehend nicht dem Applied Theatre zugerechnet werden, in diesem...