Das Phänomen Stimme
von Viola Schmidt
Erschienen in: Mit den Ohren sehen – Die Methode des gestischen Sprechens an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin (04/2019)
Wie die Sprache ist die menschliche Stimme mehrdimensional. Um ihre Komplexität wahrzunehmen und zu verstehen, sollten wir sie auch aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten. Aus physiologischer Sicht sei zunächst ein Blick auf den Kehlkopf erlaubt, in dem der primäre Stimmschall gebildet wird. Der Kehlkopf ist Teil des Atemtrakts und bildet den Übergang vom Rachen zur Luftröhre. Er besteht aus Knorpeln, die durch Gelenke, Bänder und Muskeln miteinander verbunden sind. Der Kehldeckel ist ein elastischer Knorpel, der wie ein Tennisschläger aussieht. Mit seinem frei beweglichen Teil verschließt er den Kehlkopf beim Schlucken. Der Schildknorpel in der Form eines nach vorn gestellten römischen Schildes ist als sogenannter Adamsapfel bei Männern oft gut zu sehen. Der Ringknorpel erinnert in seiner Form an einen Siegelring, der mit der Ringplatte nach hinten gestellt ist. Schildknorpel und Ringknorpel sowie Ringknorpel und die beiden pyramidenförmigen Stellknorpel sind gelenkig miteinander verbunden. Der Kehlkopf bewegt sich beim Atmen, Schlucken und bei der Stimmgebung in vertikaler Richtung. Im Inneren des Kehlkopfes, am seitlichen Teil der Stellknorpel, dem Processus vocalis, setzen die Stimmbänder an und verlaufen bis zur Rückfläche des Schildknorpels. Die Stimmbänder und ihre zopfartig miteinander verflochtene Muskulatur, Bindegewebe, Gefäße und Nervenfasern bilden zusammen mit einer gegen sie verschieblichen Schleimhaut die...